Geschäftsnummer: | 24.3488 |
Eingereicht von: | Dettling Marcel |
Einreichungsdatum: | 27.05.2024 |
Stand der Beratung: | - |
Zuständigkeit: | Justiz- und Polizeidepartement |
Schlagwörter: | Bundesrat; Schweiz; Urteil; Bezug; Verurteilung; Rechtsprechung; Schweizer; Gesetzgebung; Glaubwürdigkeit; Eigendynamik; Eintritt; Standards; Verletzung; Menschenrechten; Eine; Beitritt; Distanziert; Ausdehnung; Auferlegung; Leistungspflichten; Staaten; Bundesgericht; Vorgaben; Strassburger; Ablehnung |
In den letzten Jahren hat sich die Eigendynamik des EGMR weiter verstärkt, wie das jüngste Urteil vom 9. April 2024 klar darlegt.
1. Beim Eintritt der Schweiz zur EMRK argumentierte der Bundesrat, dass es unvorstellbar sei, dass die Schweiz mit ihren hohen Standards wegen Verletzung von Menschenrechten verurteilt wird ("Eine Verurteilung der Schweiz ist nicht vorstellbar").
a. Wie oft wurde die Schweiz seit dem Beitritt 1974 verurteilt?
b. Wieso konnte sich der Bundesrat derart verschätzen?
2. Distanziert sich der Bundesrat klar von der stetigen Ausdehnung der Rechtsprechung des EGMR, insbesondere in Bezug auf die Auferlegung von Leistungspflichten von Staaten? Falls ja, wie tut er dies? Falls nein, wieso nicht?
3. Der Bundesrat argumentierte im Jahr 2013, dass das Bundesgericht die Vorgaben der Strassburger Rechtsprechung stets umgesetzt habe.
a. Wird der Bundesrat der EGMR schriftlich und öffentlich darlegen, dass die Ablehnung des CO2-Gesetz im Jahr 2021 durch das Schweizer Volk ein Ausdruck der nationalen Souveränität und der direkten Demokratie der Schweiz ist? Falls ja, wann und in welchem Rahmen wird er dies tun? Falls nein, wieso nicht?
b. Ist der Bundesrat auch der Auffassung, dass eine Verurteilung des EGMR, welche sich gegen einen direkt demokratischen Volksentscheid richtet, u.a. gegen Artikel 2 Absatz 4 der Charta der Vereinten Nationen verstossen könnte?
4. In der Ip. 22.3464 unterstreicht der Bundesrat in Bezug auf illegale Aktionen (wie Autobahnblockaden), dass die Meinungs- und Versammlungsfreiheit durch Art. 10 und Art. 11 der EMRK geschützt sei. Gleichzeitig unterstreicht der Bundesrat, dass strafbare Handlungen (z.B. Nötigung) in der Schweiz nicht verfassungsrechtlich geschützt sind. Hat der EMRK im Verlauf seiner Rechtssprechungspraxis den Schutz von Aktivitäten, welche gegen die Schweizer Gesetzgebung verstossen (z.B. Hausfriedensbruch), bereits höher gewichtet als die Durchsetzung der nationalen Gesetzgebung der Schweiz? Falls ja, in welchen Fällen?
5. Der Bundesrat erklärte im Jahr 2013: «Auf internationaler Ebene hätte eine Kündigung gravierende Nachteile für die politische Glaubwürdigkeit unseres Landes zur Folge.» Glaubt der Bundesrat nicht, dass die EMRK aufgrund des anmassenden Urteils gegen die Schweiz im April 2024 nicht selbst enorm an Glaubwürdigkeit verloren hat. Falls nein, wieso nicht?
6. Welches sind die nächsten konkreten Schritte des Bundesrates in Bezug auf das Urteil vom 9. April 2024?